Am 1. Januar 2017 sind die Änderungen zum neuen Kindesunterhaltsrecht in Kraft getreten. Was hat sich geändert?
Ziel dieser Revision war, das Recht des Kindes auf Unterhalt zu stärken, und zwar unabhängig vom Zivilstand seiner Eltern. Nach bisherigem Recht wurden Kinder von verheirateten und nicht verheirateten Eltern unterschiedlich behandelt, was durch die Gesetzesrevision korrigiert wurde.
Der Bundesgesetzgeber hat dazu unter anderem folgende Neuerungen beschlossen:
• Jedes Kind hat Anspruch auf einen Unterhaltsbeitrag, der sich nicht auf die Deckung seines Barbedarfs beschränkt, sondern auch gewährleistet, dass es von der bestmöglichen Betreuung profitieren kann, sei es durch Dritte (z. B. eine Tagesmutter oder eine Krippe) oder durch die Eltern selbst (Art. 285 ZGB).
• Die Unterhaltspflicht gegenüber einem minderjährigen Kind hat grundsätzlich Vorrang vor den übrigen familienrechtlichen Unterhaltspflichten (Art. 276a ZGB).
• Mit einer neuen Regelung zu Mankofällen soll die Stellung des Kindes verbessert werden (Art. 286a ZGB).
Nach bisherigem Recht hatten die Kinder Anspruch auf Unterhaltszahlungen, die ihre direkten Kosten zu decken vermochten. Zu den direkten Kosten zählen die Kosten für Ernährung, Unterkunft, Bekleidung etc. sowie Kosten, die im Zusammenhang mit einer Fremdbetreuung (z.B. für eine Tagesmutter oder Krippe) anfallen.
Nicht berücksichtigt wurden im Kinderunterhalt die indirekten Kosten. Der Elternteil, der sich im Alltag um Pflege und Erziehung der Kinder kümmert, ist während dieser Zeit nicht oder nur in geringerem Mass in der Lage, einer auswärtigen Erwerbstätigkeit nachzugehen und ein Erwerbseinkommen zu erzielen. Die indirekten Kosten entsprechen somit den Kosten für den investierten Zeitaufwand der Eltern für ihre Kinder.
Waren die Eltern miteinander verheiratet, wurde im Rahmen der nachehelichen Unterhaltszahlungen berücksichtigt, wenn ein Elternteil wesentliche Aufwände für die Pflege und Betreuung der Kinder leistete. Die nachehelichen Unterhaltsbeiträge wurden entsprechend angepasst.
Waren die Eltern nicht miteinander verheiratet, wurden die indirekten Kosten nicht berücksichtigt. Dies führte zu einer Ungleichbehandlung von Kindern von verheirateten und unverheirateten Eltern, indem bei Kindern von unverheirateten Eltern nicht mehr diejenige Betreuungslösung gewählt werden konnte, die dem Wohl des Kindes am meisten entsprochen hätte, sondern wirtschaftliche Überlegungen bei der Art der Kinderbetreuung eine viel wichtigere Rolle spielten. Um dieser Problematik zu begegnen, sind nach neuem Recht neben dem Barunterhalt (direkte Kosten) auch die Kosten für die Betreuung als sogenannter Betreuungsunterhalt (indirekte Kosten) geschuldet.
Wie hoch die Unterhaltsbeiträge im Einzelfall sein müssen oder nach welcher Methode sich diese berechnen lassen, wird auch im neuen Unterhaltsrecht nicht allgemein festgelegt. Im Gesetz heisst es nur, der Unterhaltsbeitrag solle den Bedürfnissen des Kindes sowie der Lebensstellung und Leistungsfähigkeit der Eltern entsprechen. Dabei sind das Vermögen und die Einkünfte des Kindes zu berücksichtigen (Art. 285 ZGB).
Seit Inkrafttreten der Gesetzesrevision hat sich an den Gerichten mindestens hinsichtlich der Berechnungsmethode eine gewisse Praxis entwickelt. Die konkrete Höhe der Unterhaltszahlungen hängt aber weiterhin in erheblichem Mass von den Umständen des Einzelfalles und dem richterlichen Ermessen ab.
Wurden nach altem Recht (vor dem 1. Januar 2017) Kinderunterhaltsbeiträge in einem durch die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) genehmigten Unterhaltsvertrag oder in ein einem gerichtlichen Entscheid festgelegt, so werden diese auf Gesuch des Kindes neu festgelegt. Für den Fall, dass die Kinderunterhaltsbeiträge im Zusammenhang mit einer Scheidung festgelegt wurde, ist ihre Anpassung nur bei einer erheblichen Veränderung der Verhältnisse zulässig (vgl. Art. 13c SchlT ZGB).